Die Stiftungsurkunde verpflichtet seit 1521 alle, die für die Fuggerei-Stiftung verantwortlich sind, den Stifterwillen von Jakob Fugger zu erfüllen. Die Kerngedanken der Urkunde müssen, soweit möglich, unverändert und auf ewig umgesetzt werden. Zugleich lässt die Urkunde Spielraum, um die Vorgaben sinnvoll und den Zeitumständen entsprechend auslegen zu können. Darin zeigt sich eine gewisse Weitsicht, denn so konnte die Fuggerei „mit der Zeit gehen“ und ihren Stiftungsauftrag in allen Epochen seit 1521 erfüllen.
Zu den Bewohnern:
Die Fuggerei richtete sich an fromme Tagelöhner und Handwerker und ihre Familien, die es „notdürftig sein“ – also bedürftig waren. Sie konnten das Augsburger Bürgerrecht besitzen oder den Status eines „Inwohners“ haben, mussten aber nicht aus Augsburg stammen. Während Krisenzeiten gerieten häufig Handwerker und Tagelöhner in Not. Für diese arbeitenden oder arbeitswilligen Augsburger war die Fuggerei gedacht. Allerdings nur, wenn sie trotz Armut nicht bettelten. Solche „verschämten Armen“ oder „Hausarmen“ galten im Gegensatz zu den öffentlich Bettelnden als würdige Arme, die Hilfe verdienten. Eine Fuggerei-Wohnung sollten bevorzugt diejenigen Bewerber bekommen, bei denen diese Unterstützung bestmöglich angelegt war. Das war etwa dann der Fall, wenn es Menschen gelang, durch den Platz in der Fuggerei wieder auf eigenen Beinen zu stehen.
Zur Gegenleistung:
Als geringe Gegenleistung der Fuggerei-Bewohner legte Jakob Fugger einen Gulden pro Jahr und drei Gebete am Tag fest. Dies war eine neue Idee. Die Gegenleistung sicherte die Würde der Bewohner, sie waren damit keine Almosenempfänger. Ein Rheinischer Gulden entsprach etwa dem Wochenlohn eines Handwerkers. Gleichzeitig ließ der Gebetsaufwand den Bewohnern genug Zeit für die Arbeit. Um die drei Gebete – ein Vaterunser, ein Ave Maria und ein Glaubensbekenntnis – für die Seelen von Jakob Fugger und seinen Familienangehörigen zu sprechen, brauchte man nur etwas länger als eine Minute. Feste Gebetszeiten oder zusätzliche Bestimmungen gab es nicht, sodass die Bewohner selbst entscheiden konnten, wann und wo sie beteten.
Aus der Festlegung auf diese drei Gebete leitet sich auch ab, dass Fuggerei-Bewohner katholisch sein müssen. Das Wort „katholisch“ steht zwar nicht im Stiftungsbrief, doch wird das Ave Maria nur von Katholiken, nicht aber von Lutheranern oder Reformierten gebetet.
Zur Verpflichtung der Nachfolger:
An mehreren Stellen im Stiftungsbrief tauchen Hinweise auf, dass die Stiftung „in ewig Zeit“ bestehen soll. Um dieses Ziel zu ermöglichen, regelte Jakob Fugger seine Nachfolge in der Stiftungsverantwortung bis ins kleinste Detail. Er sicherte den Fortbestand der Stiftungen sogar im Fall des Aussterbens einer Linie oder auch der ganzen Familie Fugger. Seine Nachfolger sollten zudem die Stiftungen nicht nur erhalten und handhaben, sondern waren auch zur „merung“, also zur Ausweitung und Verbesserung der Stiftungen, aufgerufen.